Henne und Weizenkorn (Forts.)

Elphin brachte seinen "Fang" mit nach Hause. Alle waren so von des Kindes Schönheit angetan, daß Gwyddno beschloß, das Findelkind Elphin zu überlassen mit der Aufgabe, ihn wie seinen eigenen Sohn aufzuziehen. Da es aber einer Amme bedurfte um den Kleinen zu nähren, ging Elphin voll der Zuversicht in den Nachbarcaer und heiratete die Tochter seiner Tante, eine wunderhübsche junge rothaarige Frau namens Rhonwyn. Sein Glück war perfekt und er stieg alsdann auch beträchtlich in der Achtung bei seinem Clan.

Taliesin (wie auch Myrddin) gab sich seinen Namen selbst und prophezeite sich auch selbst eine ruhmvolle Karriere als Barde. In der Tat entdeckte er schnell sein Talent für den Gesang und die Dichtkunst und (wiederum wie Myrddin) wuchs er in der außergewöhnlich kurzen Zeit von vier Jahren zum reifen Jüngling heran. Er lebte bei seinen Zieheltern Elphin und dessen Frau Rhonwyn und trug zu deren Bildung erheblich bei.


Tilgung der Schuld

An einem Herbsttag verließ Elphin seinen Stamm, um einer Einladung seines Onkels Maelgwynn Gwynedd aus Degawny Folge zu leisten.
Bei einem Gelage - wie alle Anwesenden schon weintrunken und sehr redselig - prahlte er damit, den besten Barden landweit in seinem Clan zu haben und ein Weib, das schöner, treuer und anhänglicher sei als all die Frauen der Anwesenden.
Der Gastgeber Maelgwynn, ein aufbrausender und blutdürstiger Herrscher, erzürnte ob dieser Prahlerei und ließ Elphin einsperren. Gleichzeitig schickte er seinen unehelichen Sohn Rhun – der von solcher Schönheit war, daß ihm keine Frau wiederstehen konnte – zu Elphins Frau um diese zu verführen.
Taliesin – mit der Inspiration und der Gabe der Voraussicht gesegnet – riet Ephins Frau, sich in ihrem Bett von einer Dienerin vertreten zu lassen und diese mit ihren eigenen Kleidern auszustatten. Rhun verführte die Dienerin und am Morgen, bevor er wieder zurückritt, schnitt er der Frau den Ringfinger mit dem Ring als Beweisstück seiner erfolgreich durchgeführten Mission ab.
Inzwischen hatte sich auch Taliesin unerkannt in das Gelage eingeschlichen. Als Maelgwynn nun seinem Gefangenen die Trophäe vor Augen führte, verneinte Elphin ihre Authentizität: der Finger sei zu klein, zu schmutzig und unter dem Nagel befänden sich noch Reste von gedroschenem Weizen. Es sei auf keinen Fall der Finger seiner Frau. Rhun unterdessen hatte schon das Weite gesucht und Maelgwynn ließ Elphin wieder einsperren.
Am Abend hatten sich die Barden des Clanchefs eingefunden um ihren Herrn mit ihren Gesängen aufzumuntern.
Taliesin aber hatte seine Magie spielen lassen und so kamen aus den Mündern der Barden nur Geblöke und Geschrei, derweil ihre Harfen unerträgliche Mißklänge ertönen ließen. Taliesin erbot sich, selbst zu singen, unter der Bedingung, daß auch Elphin anwesend sei. Maelgwynn ließ den Gefangen holen und Taliesin sang so ergreifend, daß die Ketten, die Elphin gefangen hielten aufgesprengt wurden und zu Boden fielen.

Elphin und Maelgwynn versöhnten sich und der Clanchef ließ zum Abschluß der Feier ein Pferderennen ausrufen, aus dem Elphin mit Unterstützung von Taliesin als Gewinner hervorging. Zudem hatte ihm Taliesin geraten, dort wo sein Pferd straucheln würde, solle er seinen Mantel fallen lassen. Als beide nach dem Rennen auf dem Nachhauseritt waren, kamen sie bei Elphins Mantel an. Taliesin bat Elphin den Boden unter dem Mantel umzugraben. Elphin fand darunter verborgen einen Schatz.
Nachdem Taliesin ihm auf diese Weise die Ehre gerettet und zudem zu beträchtlichem Reichtum (Ersatz für die vergifteten Pferde) verholfen hatte, war seine Schuld gegenüber Elphin und dessen Vater abgetragen.
Taliesin verließ seinen Clan und begann seine Reisen durch Britannien und die Bretagne und sammelte Stoff für zahlreiche Gedichte und Gesänge. Auf seiner Rückreise traf er auf Merlin und beide verband infolge eine tiefe Freundschaft.

Die Legenden um Taliesin sind kaum weniger als die um Merlin und Artus und es darf nicht verwundern, wenn Leute wie von Monmouth und andere nach ihm, den Barden nach Camelot schickten und Taliesin bei Artus einführten. Das hört sich – unter Anleihe bei der walisischen Sage – etwa so an:

Als Taliesin zu einem jungen Mann herangewachsen war und er bemerkt hatte, daß seine Gedichte und Gesänge seine Zuhörer begeisterten und verzauberten, wollte er unbedingt an den Hof Königs Arthus.
An dem Tag, als Taliesin in Camelot ankam, unterhielten gerade Spielleute, Barden und Jongleure die Barone. Taliesin verzaubert sie so, daß sie nicht mehr singen und spielen konnten und nur noch Mißtöne aus ihren Kehlen und von ihren Harfen kamen. Als er dann selbst vorspielte, zog er alle Anwesenden in seinen Bann und verzauberte sie mit seinen Darbietungen.
Er wurde sofort zum König gebracht, dem er vorsingen und über seine Herkunft berichten sollte.