mcCairilll (Die Sage)

Der belegte MacCairill lebte im Bezirk von Ulster, ein uralter Heide und wahrscheinlich einer der letzten Druiden, die der Bekehrung zum Christentum vehementen Widerstand in Wort und Schrift leisteten. Seine Halsstarrigkeit kam dem Abt von Finnian im Donegal (Saint Patrick ?) zu Ohren und da MacCairill in seiner ohnehin renitenen Gefolgschaft einigen Einfluß hatte, war er dem Abt ein Dorn im Auge, eine Herausforderung an den legendären Bekehrer..
Als der Abt ihn besuchte, verweigerte MacCairill ihm den Zutritt zu seinem Caern. Der Abt wandte alsdann eine alte Kriegslist an und fastete gegen MacCairill.
MacCairill gab auf, ließ den Abt eintreten und erzählte ihm seine Geschichte.



"Heute bin ich Tuan MacCairill, doch früher, zu Zeiten des Partholon war ich Tuan MacStarn Mac Sera, ein Bruder Partholons. Wir kamen mit vierundzwanzig Männern und Frauen kurz nach der Sintflut nach Irland. Es war wie im Paradies, alles war bewaldet, es gab massenweise Wild und Fische, Früchte und Korn. Aber es gab auch Ungeheuer, durch die man hindurchsehen konnte. Wir besiedelten die Insel und vermehrten uns auf 5000 Menschen. Wir lebten friedlich und zufrieden, aber ohne Verstand, weil wir ihn nicht brauchten. EIne Seuche vernichtete alle, bis auf mich. Ich lebte nun allein unter den Tieren und begann alles menschliche zu vergessen.
Dann kam Nemed mit 34 Booten und ich war überglücklich wieder Menschen zu begegnen. Ich machte mich zurecht und sah im Wasser mein Spiegelbild: ich war uralt, zottig und verwildert - wie ein Tier.
Nemed aber scheiterte bei der Landung und in der Brandung des stürmischen Meeren. Nur vier Paare überlebten. Ich selbst schlief ein und träumte, ich sei ein Hirsch geworden, jung und kraftvoll. Als ich erwachte, sah ich, daß es kein Traum gewesen war: ich war ein junger Hirsch und wurde zum König aller Hirsche.
Die vier Paare der Nemedier vermehrten sich auf 4000. Sie waren wie die Partholonen groß, stark und schön, aber auch sie hatten keinen Verstand, sie brauchten auch keinen. Auch sie verschwanden eines Tages. Ich fand nur noch ihre Leichen. Dann kam auch die Müdigkeit und das Alter über mich. Ich verwandelte mich in einen jungen und starken Eber und wurde der Herrscher allen Schwarzwildes.
Dann kamen die Firbolg und ich wurde wieder alt und schwach. Ich verwandelte mich in einen majestätisches Adler, als die Thuata Dé Danann in Irland landeten. Sie waren schön und stark und besiegten die Firbolg. Sie waren unschlagbar, denn es waren alles Götter.
Als die Söhne des Miled in Irland landeten, verwandelte ich mich in einen Lachs. Eines Tages fing mich ein Fischer namens Cairill und dessen Frau aß mich ganz auf. In ihrem Bauch wurde ich wieder zum Menschen und kam als Tuan MacCairill zum sechsten Mal zur Welt. Ich war wieder ein Mensch.
Ich habe die Geburt Erins erlebt und alle kommen und gehen sehen. Ich bin die dauernde Wiedergeburt Erins".
Der Abt von Finnian erkannte in MacCairill einen äußerst widerspenstigen Heiden, den er nur auf sehr dreiste Weise für sich gewinnen konnte. Also wandte er wieder eine List an und überedete MacCairill, sich taufen zu lassen. Dadurch würde seine Liste der Wiedergeburten vom ersten Menschen der Nachsintflutzeit bis hin zum Ursprung der christlichen irischen Gesellschaft erst komplett. MacCarill willigte ein und ließ sich taufen. Ob er als gläubiger Christ oder praktizierender Heide starb ist nicht überliefert.

MacCairill ist die Verkörperung des während des Mesolythikums aufkommenden Glaubens an die Seelenwanderung und die Wiedergeburt, u.a. auch in Tieren. Seine Methamorphosen deuten schon vage auf eine frühe Variante des Schamanismus hin, der aber nicht genau auf seine Herkunft festgelegt werden kann. Gleichzeitig weist er durch seine Verwandlungen in Tiere auf ein Entstehen einer Mythologie hin: der Hirsch, der Eber, der Lachs und der Adler sind mächtige Tiersymbole der Kelten und beziehen sich wohl auch gleichzeitig auf die jeweiligen Wappentiere der verschiedenen Invasoren.
Jeder der Invasoren brachte etwas mit, das vergänglich war, aber durch die Wiedergeburten des Tuan gleichsam in die Mythologie Irlands eingeschrieben wurde.
Ob die Invasoren das Keltentum brachten, sei dahingestellt. Die Seßhaftigkeit begann mythisch mit den Dé Danann und beendete gleichzeitig das paradiesische Leben auf der Insel. Mit ihnen kam eine matrilinear ausgerichtete Tradition auf die Insel, die sich erst mit der Christianisierung auflöste und der patriarchalischen Gesellschaftsform Platz machte.

Die Person des Tuan MacCairill ist eigentlich eine dramatische, da sie vor allem für die Wende steht, ein melancholischer Abgesang auf die alten Traditionen, herbeigeführt durch List und Tücke.